Samenfest vs. Hybrid

Leider ist es heutzutage nicht mehr selbstverständlich, dass aus der Ernte Saatgut gewonnen werden kann. Es gibt immer weniger samenfeste Sorten und immer mehr Hybrid-Sorten. Hybride setzen sich auch bei Gemüse immer mehr durch: Saatgut, das aus verschiedenen, sogenannten Inzuchtlinien vermehrt wird und nicht mehr nachgebaut werden kann. Hybride sollen das Beste aus verschiedenen Zuchtlinien vereinen, jedoch nur für eine Generation. Saatgut, das aus dieser „F1“ Generation hervorgeht, entwickelt sich kümmerlich und unberechenbar. Hohe Erträge und einheitliche Eigenschaften garantiert nur der Nachkauf neuer F1‐Hybride. Eigene Nachzucht und Entwicklung werden unmöglich. Samenfeste Sorten dagegen vererben ihre Eigenschaften von Generation zu Generation weiter und können durch geschickte Auslese und Kreuzung verbessert und an den eigenen Standort angepaßt werden.

Im Jahre 1923 brachte Henry A. Wallace aus Iowa den ersten Hybrid‐Mais auf den Markt. Er begründete damit die bis heute weltweit führende Mais‐Firma "Pioneer Hi‐Bred" (gehört jetzt dem Chemie‐Multi DuPont). Er legte auch die Grundlage für die Privatisierung der Saatzucht. Bis dahin war der Erhalt und die Fortentwicklung dieses ältesten Erbes der Menschheit im Wesentlichen eine Aufgabe der öffentlichen Hand im Dienste der Landwirte. Saatgut galt als öffentliches Gut. Erst wo seine natürliche Vermehrung und freier Austausch unterbunden werden, wird es zu einem lohnenden Geschäft. Heute beherrschen die zehn größten Saatgutunternehmen der Welt über 70 % des Handels. Patente, nicht nur auf Gentechnik‐Pflanzen sollen diese Monopole weiter sichern. Dreiviertel der im Jahre 1900 noch verfügbaren Sortenvielfalt ging nach Einschätzung der Welternährungsorganisation FAO bereits verloren.

Immer mehr Pflanzenarten werden für Hybridverfahren erschlossen, teilweise auch mit Hilfe der Gentechnik. Mittlerweile ist der größte Teil des Gemüses in unseren Gärten betroffen. Die Gentechnik‐ und Chemiefirma Monsanto alleine kontrolliert z.B. über 30% des weltweit gehandelten Maissaatgutes, aber auch mehr als ein Drittel aller kommerziellen Gurkensamen. Im Sortenkatalog der EU standen 1985 63 Kohlrabi‐Sorten. 2005 waren es 75. Doch der Hybrid‐Anteil stieg dabei von 38% auf 71%. Bei anderen Gemüsen ist die Entwicklung noch dramatischer. Viele bewährte samenfeste Sorten werden nicht mehr weiter gepflegt und verschwinden aus den Katalogen.

Engagierte Gärtner werden deshalb selbst zu Züchtern und Erhaltern samenfester Sorten an ihrem Standort. Wir wollen die Tradition und Vielfalt der Sorten und Geschmäcker in unseren Gärten erhalten und damit auch die genetische Vielfalt vor Ort, die wir und künftige Generationen, gerade angesichts des Klimawandels, noch dringend benötigen werden.

Samenfeste Sorten vs. Hybridsorten

Michael Fleck vom Verein Kultursaat erklärt die Unterschiede.

Jeder Garten ist ein einmaliger Standort auf der Welt

Martin Ott, Biolandwirt und Präsident des FiBL-Stiftungsrats, erklärt warum.

 

Mehr Informationen zu samenfestem Saatgut und Bezugsquellen finden Sie hier:

Vielfalterleben   Aktion Bantam